Ich spreche in unserem aktuellen Blog über Unternehmenskultur mit Stephanie Busch von Facelift aus Hamburg. Stephanie ist Head of Human Resources & Corporate Development und hat nach ihrem BWL Studium über „Pionier-Vorteile am Beispiel der Internet-Ökonomie“ promoviert. Sie war unter anderem bei Xing, Goodgames Studios und Jimdo im HR Bereich tätig.
(Das Interview wurde vor dem Einstieg von Dumont geführt)

Stephanie, wie würdest Du eure Kultur heute beschreiben?
Unsere Kultur ist sehr von flachen Hierarchien und einer großen Professionalität geprägt, mit der wir unser Geschäft betreiben. Wir wollen bewusst keine Spaßkultur. Unsere Mitarbeiter sind sehr „erwachsen“. Das bedeutet, dass wir keinen Familienersatz darstellen wollen oder müssen. Bei uns gibt es keinen Kicker, oder eine Playstation. Niemand trägt dauernd das Firmen T-Shirts oder die Basecap mit dem Facelift– Logo. Wir haben Mitarbeiter, die einen exzellenten Job machen. Profis. Deshalb sind wir mit unseren Leuten so erfolgreich.
Wo finde ich denn Formulierungen zu eurer Kultur?
Konkrete Formulierungen gibt es bei uns noch nicht. Die Mitarbeiter lernen unsere Kultur von den anderen Kollegen, die schon länger dabei sind durch aufpassen und Frage stellen. Wir haben also eher eine implizite Kultur. Eine explizite Kultur, also Poster mit den Werten oder auch ein Leitbild das an jeder Ecke zu finden ist, gibt es bei uns nicht. Nur im Intranet gibt es eine kurze Beschreibung zu unserem Verhaltenskodex.
Welche Herausforderungen hat diese Art der Kulturübermittlung für euch?
Es setzt voraus, dass die Kollegen, die den neuen Mitarbeitern Antworten geben sollen die Kultur bei Facelift richtig verstanden haben, und diese auch leben. Es darf nicht vorkommen, dass zwei Vorgesetzte die gleiche Frage vollkommen unterschiedlich beantworten. Inzwischen haben wir jedoch eine Größe erreicht, bei der das vorkommen kann. Wir haben deshalb mit Trainings gestartet, um unsere Führungskräfte gezielt auf das Thema vorzubereiten und sie dabei zu unterstützen ihre Vorbildrolle wahrzunehmen.
Ich denke aktuell auch über ein Mentoren/Buddy System nach, bei dem jeder neue Mitarbeiter einen klaren Ansprechpartner – vielleicht sogar aus einem anderen Bereich hat – , mit dem er Fragen besprechen kann. Wie zb. „Wie ist denn mein Chef so?“ , „Wie läuft ein Jahresgespräch?“, „Wie komme ich an Trainings?“, usw.. Mit unserem Newie-Lunch fördern wir auch den direkten Austausch mit den Gründern, um die Facelift-DNA jedem Kollegen von Anfang an zu vermitteln.
Aktuell haben wir insgesamt ca. 200 Mitarbeiter, 170 in Deutschland, 20 in Frankreich, 8 in Dubai, und weitere in unseren Töchter-Unternehmen.
Was ist daneben auch „typisch“ für Facelift?
Der „Wandel“ ist bei uns konstant, durch unser Wachstum und vorsichtige Austesten neuer Geschäftsmodelle wird ständig daran gearbeitet z.B. Bereiche anders zu strukturieren; immer in Richtung „wie geht´s noch besser“. Wichtig dabei ist uns aber immer auch die Überlegung, wie es den Menschen damit geht. Wie passt eine Veränderung zu den jeweiligen Mitarbeitern? Eine gute Balance also zwischen Effizienz, Ergebnissen und dem Faktor Mensch. Viele Kollegen haben sich intern hier stark weiterentwickelt, teilweise auch in sehr unterschiedliche Bereiche. So ist z.B. aus dem Talent und Produktwissen eines Kollegen eine eigene Abteilung entstanden (Customer Success), die sich jetzt auch technisch sehr gut um den Kunden kümmern kann.
Wer ist bei euch denn der „Hüter der Unternehmenskultur“?
Das sind auf jeden Fall unsere Gründer. Wir haben unsere Werte z.B. unter dem Akronym „F.A.C.E. zusammengefasst. „F.A.C.E.“ steht für „Focused“, „Ambitious“, „Correct“, „Efficient“
In meiner Rolle komme ich natürlich auch oft in eine ähnliche Position. Wir haben gerade eine Mitarbeiterbefragung und ich bin gespannt welche Themen wir hier entdecken werden, an denen wir verstärkt arbeiten müssen.
Wie geht ihr mit einem „Kulturverstoß“ um?
Zunächst beobachten wir die Situation möglichst objektiv und fragen uns in solch einer Situation, ob wir dieses Verhalten in Kauf nehmen wollen oder nicht.
Nenn uns mal ein Beispiel.
Zum Beispiel, wenn ein Mitarbeiter bereits Mittags nach Hause geht, weil er am Vorabend lange gearbeitet hat. Andere Kollegen sagen dann vielleicht, „dafür musste ich letztens einen halben Tag Urlaub nehmen“.
Oder auch, dass ein Mitarbeiter regelmäßig seine „Extrawurst“ macht, bei Veranstaltungen nicht dabei ist, fliegt, wenn die Kollegen mit der Bahn fahren usw..
Wir geben grundsätzlich einen Vertrauensvorschuss an alle MA, fragen uns aber auch, wie solch eine Situation auf die anderen Kollegen wirkt. In manchen Fällen müssen wir hier beisteuern, manchmal klären die Kollegen das direkt untereinander bzw. in ihrem Team.
Eine Unternehmenskultur hat bekanntlich die Aufgabe, die Strategie optimal zu unterstützen. Ist allen Mitarbeitern die Strategie von Facelift klar?
Nein, da haben wir sicher noch Nachholbedarf. Ein Salesmitarbeiter kennt seine Ziele und weiß, dass wir weiter wachsen wollen. Wie in jedem schnell wachsenden Unternehmen ist vielfach aber nicht komplett klar, wie die kommenden Jahre aussehen, welche Branchen, Produkte /Services und Märkte wir erschließen wollen etc. Wir probieren eben auch ein paar Business Modelle mit kleinen Teams als Pilot aus, die sich dann in der Praxis bewähren (müssen) oder nach einem Jahr wieder verworfen werden.
Ihr befindet euch im Recruiting im starken Wettbewerb um Talente. Was macht Facelift gegenüber Mitbewerbern aus?
Zunächst wird mir von der Salesbewerbern immer wieder gesagt, dass wir in einem „Sexy Business“ unterwegs sind, wo jeder gern dabei sein möchte. Im Development nutzen wir eine sehr fortschrittliche Technologie gegenüber vielen anderen Unternehmen am Markt. Ich habe gerade von einem Hamburger Unternehmen, das viele Mitarbeiter freigesetzt hat, ein paar neue Kollegen rekrutieren wollen, doch die meisten waren technisch nicht up to date.
Welchen Tipp möchtest Du Unternehmen geben, die sich mit ihrer Unternehmenskultur beschäftigen?
Den Gründern, mit denen ich arbeite, versuche ich immer klar zu machen, dass man sich entscheiden muss, ob man seine Unternehmenskultur bewusst steuern und strategisch bearbeiten möchte, oder dies einfach dem Zufall überlassen möchte. Kein Unternehmen kann von sich behaupten, dass es über KEINE Unternehmenskultur verfügt. Ich rate Gründern immer, sich mit einem Verhaltenskodex, Leitbild, einer Vision oder expliziten Werten auseinanderzusetzen. Welche Bezeichnung man wählt, ist hierbei nicht entscheidend. Jedes Unternehmen hat eine Kultur, die die Belegschaft unterschiedlich stark an sich binden und motivieren kann. Gerade in Hinblick auf den „War for Talents“ kann eine gute Unternehmenskultur den entscheidenden Unterschied beim Anwerben und Halten der besten Talente ausmachen.